Kleine Tafeln gegen das Vergessen

Kleine Tafeln gegen das Vergessen

Neun weitere "Stolpersteine" werden am kommenden Montag, 19. Dezember, in Schiefbahn, Anrath und — erstmals — auch in Neersen verlegt.

Stadt Willich (stz).

Das Einfügen der kleinen quadratischen Messingtafeln in das Bürgersteigpflaster erfolgt in Schiefbahn vor dem Haus Hochstraße 22 um 12.30 Uhr, in Neersen in der Kickenstraße 6 um 13 Uhr und in Anrath vor dem Gefängnismuseum der Strafvollzugsanstalt an der Gartenstraße 1 um 13.30 Uhr.

Musikalisch begleitet wird die Verlegung von Jürgen Löscher, die Begrüßung übernimmt Ernst Kuhlen von den Heimat- und Geschichtsfreunden Willich. Worte gegen das Vergessen sprechen Vertreter der christlichen Kirchen, der Bürgermeister oder ein Stellvertreter. Gleichzeitig verlesen Schüler oder Mitglieder der Heimatfreunde die Biografien der Juden, derer gedacht wird. Zugegen sein werden auch Zeitzeugen und Familienangehörige und Vertreter der Jüdischen Gemeinde Krefeld.

In Schiefbahn sollen die drei kleinen Gedenktafeln an die Geschwister Arthur, Carl und Paula Kaufmann erinnern, die in der Hochstraße geboren wurden. Nach der Pogromnacht 1938 (auch in Schiefbahn) flüchteten sie. Arthur Kaufmann wurde von einem Pflegeheim in Amsterdam aus nach Auschwitz verschleppt und dort im Februar 1943 ermordet, Carl von Hannover aus ins Warschauer Ghetto deportiert und kam dort um. Paula Kaufmann, die jüngere Schwester, lebte bis Ende 1938 noch im elterlichen Haus und verzog dann nach Aachen, in der Hoffnung mit einem Fluchthilfenetzwerk noch in die Niederlande flüchten zu können. Von da an verliert sich ihre Spur. "Schicksal unbekannt" steht auf ihrem Stolperstein.

In Neersen werden um 13 Uhr die ersten drei "Stolpersteine" in dem Ort für Max, Cilli und Manfred Salmons verlegt, die bis zu ihrer Flucht — Ende 1938 nach Köln — in der Kickenstraße 6 gelebt hatten. Die Familie hatte geplant nach Argentinien zu einer Verwandten zu flüchten. Dazu kam es aber nicht mehr. Von Köln aus wurde sie gemeinsam nach Minsk deportiert und im Juli 1942 im Vernichtungslager Maly Trostinec ermordet.

In Anrath soll vor dem Eingang des Gefängnismuseums der Strafvollzugsanstalt dreier jüdischer Männern gedacht werden, die als "Schutzhäftlinge" auf dem Weg in die Vernichtungslager 1943 im Anrather Gefängnis "umgekommen" sind und in einer Gräberanlage außerhalb des jüdischen Friedhofs in der Zisdonk beerdigt wurden.

Bis heute konnte trotz intensiver, umfangreicher Recherchen nicht eindeutig geklärt werden, wieso Karl Gustav Hackelberg (Schneider aus Köln), Dr. Emil Hirsch (Röntgenarzt und Internist in Berlin und Düsseldorf) und der belgische Staatsbürger Simon Herbst ins Anrather Gefängnis gebracht worden sind. Kurz nach ihren Einlieferungen starben sie zwischen September und Dezember 1943 an "Blutsturz", "Altersschwäche" und "Lungenentzündung", so die Angaben der Anstaltsärzte.

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Auch die Tatsache, wieso die drei Männer außerhalb des jüdischen Friedhofs gemeinsam beerdigt wurden, konnte bis heute nicht geklärt werden. An dieser Stolpersteinerlegung werden auch die beiden Leiterinnen des Frauen- und des Männergefängnisses sowie Mitarbeiter des Strafvollzuges der JVA Anrath teilnehmen.

(StadtSpiegel)