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Schildbürgerstreich in Anrath

Schildbürgerstreich in Anrath

Die Nachbarschaft am „Grünen Weg“ in Anrath ist sichtlich sauer. Für das „fließende Gewässer“ hinter ihren Gärten sollen sie nun Gebühren an den „Wasser- und Bodenverband mittlere Niers“ bezahlen sowie auch noch 1,50 Meter ihrer Grundstücke abgeben.

Nur: Von fließendem Gewässer ist hier weit und breit keine Spur! Ein Schildbürgerstreich?!

Andreas Krusch weiß nicht, ob das Ganze ein Witz ist und er lachen soll oder ob ihm eher zum Weinen zumute ist. In seinen Händen hält er einen dicken Aktenordner voller Schreiben.

Gemeinsam mit den Nachbarn „Grüner Weg“ steht er am Rand einer langen Sicke. Es könnte auch ein kleiner Graben sein; oder eine längere Erdvertiefung. Diese jedoch als Bachbett und gar mit fließendem Gewässer zu bezeichnen, kann man nur als Scherz oder falsche Wahrnehmung deuten. Hier fließt nichts - kein Wasser, kein Bach oder gar ein reißender Fluss.

Doch genau diese mit Laub, Gestrüpp und Erde verwilderte Sicke sorgt nun wieder für Ärger.

Der „Wasser- und Bodenverband mittlere Niers“ hat den Anwohnern Ende November 2017 schriftlich mitgeteilt, dass sie alle Uferanlieger wären und das der rudimentär vorhandene Graben neben ihren Grundstücken ein fließendes Gewässer ist und somit alle nun zur Reinigung dieses Grabens eine Gebühr zu zahlen haben. Darüber hinaus wurden sie als „Erschwerer“ definiert, wenn sie nicht bereit wären 1,50 Meter ihres angrenzenden Eigentums so zur Verfügung zu stellen, dass die Maschinen des Verbands diese nutzen können, um den Graben zu reinigen. „Hier fließt überhaupt nichts, seit mindestens 60 Jahren ist hier kein Wasser geflossen“, sagt Andreas Krusch. Sie halten die ganze Aktion für einen Schildbürgerstreich und setzen sich zu Wehr – und das nicht zum ersten Mal. „Anfang der 90er Jahre sowie 2009 habe es schon mal solche Versuche gegeben“, erinnern sich die Nachbarn. Krusch hat die Unterlagen gesammelt – alle in seinem Aktenordner. Schon damals waren alle Aktionen erfolglos. „Weil es Blödsinn ist, hier von einem fließenden Gewässer zu sprechen“, ärgert er sich.

Ihrem Ärger haben sich die Anwohner nun in einem Schreiben an den Verband Luft gemacht und werfen dem Verband eine falsche Darstellung der Situation vor. Ohne fließendes Gewässer seien sie auch keine Uferanlieger. Der Graben sei nur noch rudimentär vorhanden, seit über 20 Jahren nicht mehr gereinigt oder gewartet worden. Und die Idee, diesen mit Maschinen zu reinigen –Unsinn, sagen die Anwohner. Dafür müssten stellenweise dicke Bäume gefällt werden, die am Rande des Grabens seit Jahrzehnten gewachsen sind. Von ihrem privaten Grund jetzt 1,50 Meter auf Grundstücksbreite abzugeben ist für die Anwohner ein Eingriff in die Grundrechte von Privateigentümern. Der Schutz des Eigentums sei aber fest im Grundgesetz und im BGB verankert.

(StadtSpiegel)